Schon bevor sich der Fachkräftemangel zu einem allgemeinen Arbeitskräftemangel ausweitete, wurde der Aufbau einer spezifischen Arbeitgebermarke (Employer Branding) zu einer Binsenweisheit. Die Attraktivität einer Organisation soll Bewerberinnen und Bewerber anziehen und Mitarbeiter halten. Und Berater erfinden sich selbst neu mithilfe von Trendbüchern als Experten für scheinbar relevante Ingredienzen dieser Attraktivität: statt Agilität oder Nachhaltigkeit wabern nun Purpose, New Work und Demokratie im Unternehmen durch die sozialen Netzwerke. Die Bedeutung ist bestenfalls kreativ hergeleitet und die Studienlage zur Wirksamkeit zugehöriger Workshops, Seminare und Programme äußerst dünn: (Miss-)Erfolgsfaktoren und Zielvariablen solcher Interventionen sind weitgehend unbekannt. Dieses breite Wissensdefizit wird gerne durch systemtheoretisches Raunen oder den Verweis auf vermeintlich spezifische Bedürfnisse der Generation Z oder Alpha ersetzt. Manch erhobener Beraterzeigefinger droht sogar mit dem Scheitern der Firma aufgrund mangelnder Veränderungsbereitschaft. Aber was wollen nun die Bewerbenden, die in überschaubarer Anzahl in den Fluren der Personalabteilungen auf ihr Vorstellungsgespräch warten? Werfen wir einen Blick auf das, was sich derzeit mit empirischen Studien belegen lässt. Und natürlich habe ich ChatGPT am Ende “gebeten”, fünf Absätze zum Thema zu liefern. Wie immer zeigt die generative KI, dass viele Einführungstexte in Zukunft immer seltener von Menschen geschrieben werden.
Vom Allgemeinen…
Dassler und Kollegen (2022) fassen ihre systematische Übersicht von Peer-Review-Studien zum Thema Arbeitgeberattraktivität zusammen: Gut belegbare Erkenntnisse zu Vorbedingungen, Wirksamkeit und Folgen einer hohen Arbeitgeberattraktivität sind eher rar. Es gibt aber eine Reihe von Belegen dafür, dass ein hohes Maß an Attraktivität für Arbeitgeber vorteilhaft ist: Das sind vor allem Aspekte, die man als gute Management- und Führungspraktiken bezeichnen könnte. Sie tragen dazu bei, das Attraktivitätsniveau zu steigern, um die Mitarbeiterbindung zu erhöhen oder die Fluktuation zu verringern. Bei einzelnen Einflüssen auf Bewerbende und Mitarbeitende, die Employer Branding vorgibt zu adressieren, lohnt es sich, den Fokus etwas schärfer zu stellen.
Zum Speziellen: Was finden Bewerbende und Mitarbeitende attraktiv an einer Firma?
Was macht Attraktivität aus? Nehmen wir als erstes Beispiel die Branchenfelder Technologie und IT. Eine internationale Studie von Deepa und Baral (2019) konnte zeigen, dass unter den 40 von aktuellen Mitarbeitern wahrgenommenen Eigenschaften einer Arbeitgebermarke der „Fokus des Unternehmens auf innovative Produkte und Dienstleistungen“ auf Platz 11 lag, während der „Fokus des Unternehmens auf Umwelt- und CSR-Aktivitäten“ auf Platz 35 lag. Auf den ersten drei Plätzen lagen „Gesundheit“, „Kinderbetreuung“ und „Betriebsrenten“. Für Deutschland berichtete die Bertelsmannstiftung Ende 2022 in der Studie Nachhaltigkeit aus Sicht der Arbeitnehmer:innen, dass alle Generationen von 18-65 auf dem ersten Platz die „Sicherheit des Arbeitsplatzes“ sehen, erst auf dem zweiten Platz folgt das „Gehalt“, nur bei den 25-34jährigen ist es umgekehrt. „Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft“ belegt entweder Platz 7 oder 8, nur die Generation der 18-24jährigen sieht diesen Wert erst auf Platz 9. Das medial vermittelte Bild der GenZ und diese repräsentative Befragungen zeigen ganz offensichtlich in unterschiedliche Richtungen. Die österreichische Jugendkulturstudie Generation Corona & die Arbeitswelt von morgen 2022 hat zum Thema Arbeitgeber vergleichbare Ergebnisse geliefert, dort ist erkennbar, dass weibliche Berufseinsteigende die Werte „Sicherheit“ und „nettes Umfeld“ präferieren, deutlich mehr als die männlichen.
Die Berater von Organomics hatten im Mai 2022 rund 4700 Schüler, Studierende und Arbeitende befragt und veröffentlichten ihre Ergebnisse unter dem Titel Arbeitgeberattraktivität 2022 – Anforderungen der Talente an potenzielle Arbeitgeber. Die Resultate sind ähnlich wie zuvor: Auch hier zeigt sich, dass „Sicherheit“, „Gehalt“ und „Vereinbarkeit mit der Familie“ die wichtigsten Bedürfnisse widerspiegelt. Um jedoch zu verstehen, was genau die nächsten Schritte für eine Firma sein können – neben den vielen eher weniger belegten Maßnahmen von Employer-Branding-Beratern – lohnt sich zunächst die Erkenntnis von Dassler und ihren Forscherkollegen (2022), dass Arbeitgeberattraktivität, organisatorisches Engagement und organisatorische Identifikation in gewisser Weise verwandte Konzepte sind, da ihre Konstrukte ähnliche Vorbedingungen und Folgen zu haben scheinen. Sie ziehen ein konstruktives Fazit: „Dies würde bedeuten, dass Mitarbeitende zu den wichtigsten Botschaftern der Unternehmen werden und das Employer Branding zunehmend von der Kommunikation oder Nicht-Kommunikation der in den Unternehmen tätigen Personen übernommen wird. Mit der Folge, dass sich das Employer Branding mehr an Mitarbeitende und weniger an potenzielle Bewerbende richten sollte, was derzeit selten der Fall ist.“
tl;dr Und die schnelle Antwort für den gestressten Manager? Was machen alle diejenigen, die dem Hype nicht trauen oder zu wenig Ressourcen haben, um Berater ins Haus zu holen? Eine Studie von Reis und Kolleginnen (2017) kommt auf den Punkt: „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Unternehmen bei der Anwerbung von Talenten wettbewerbsfähiger werden, wenn sie bei ihren Einstellungsstrategien mehr Wert auf Authentizität als psychologischen Vorteil legen, den man durch die Arbeit im Unternehmen erlangen kann. Der Einsatz sozialer Medien (z. B. Erfahrungsberichte von Mitarbeitern, Chats und Blogs) kann dazu beitragen.“ Damit ist der Nexus zwischen aktuellen und zukünftigen Mitarbeitenden durch das smarte Nutzen sozialer Medien im und für das Unternehmen belegbar.
Und hier zum Vergleich die Version von ChatGPT, die die KI heute am 21.01.2023 geschrieben hat.
„Employer Branding hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Unternehmen erkennen, dass eine starke Arbeitgebermarke nicht nur bei der Anwerbung von neuen Mitarbeitern hilft, sondern auch die Mitarbeiterbindung und die Leistung der bestehenden Mitarbeiter verbessert. Doch welche Wirksamkeit hat Employer Branding tatsächlich und welche Vorbedingungen müssen erfüllt sein, damit es erfolgreich ist?
Aktuelle Studien zeigen, dass eine starke Arbeitgebermarke einen direkten Einfluss auf die Mitarbeiterbindung hat. Mitarbeiter, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren und stolz auf ihre Arbeitgebermarke sind, sind weniger anfällig für Abwanderung und bleiben länger im Unternehmen. Eine Studie der Universität St. Gallen hat sogar gezeigt, dass Unternehmen mit einer starken Arbeitgebermarke bis zu 20% weniger Fluktuation haben.
Nicht nur die Mitarbeiterbindung wird durch Employer Branding positiv beeinflusst. Auch die Anwerbung von neuen Mitarbeitern wird erleichtert. Eine starke Arbeitgebermarke ist ein wichtiger Faktor für die Entscheidung von Bewerbern, sich bei einem bestimmten Unternehmen zu bewerben. Eine Studie von Randstad hat ergeben, dass fast die Hälfte der Bewerber sich aufgrund der Arbeitgebermarke für ein Unternehmen entscheiden.
Doch damit Employer Branding erfolgreich ist, müssen bestimmte Vorbedingungen erfüllt sein. Eine davon ist die Authentizität. Mitarbeiter und Bewerber erwarten, dass das, was das Unternehmen verspricht, auch tatsächlich gelebt wird. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass ihre Arbeitgebermarke tatsächlich mit ihrer Unternehmenskultur und ihren Werten übereinstimmt.
Eine weitere wichtige Vorbedingung für erfolgreiches Employer Branding ist die Beteiligung der Mitarbeiter. Mitarbeiter sollten in die Entwicklung und Umsetzung der Arbeitgebermarke einbezogen werden. Sie sind die besten Botschafter des Unternehmens und können die Arbeitgebermarke am besten vermitteln.“
Quellen:
BertelsmannStiftung https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/nachhaltigkeit-aus-sicht-der-arbeitnehmerinnen
ChatGPT, OpenAI (2023) Prompt: Schreibe einen Artikel mit fünf Absätzen über aktuelle Studien zu Employer Branding mit den Themen Wirksamkeit und Vorbedingungen.
Temperature: 0.77 / Maximum length 480 / Top P 0.9 / Frequency Penalty 0.95 / Presence Penalty 0.95
Dassler, A., Khapova, S. N., Lysova, E. I., & Korotov, K. (2022). Employer Attractiveness From an Employee Perspective: A Systematic Literature Review. Frontiers in psychology, 13, 858217. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2022.858217
Deepa, R., & Baral, R. (2019), „Importance-performance analysis as a tool to guide employer branding strategies in the IT-BPM industry“, Journal of Organizational Effectiveness: People and Performance, Vol. 6 No. 1, pp. 77-95. https://doi.org/10.1108/JOEPP-04-2018-0024
Österreichische Jugendkulturstudie https://jugendkultur.at/top-aktuell-generation-corona-die-arbeitswelt-von-morgen/
Organomics-Befragung via presseportal: https://www.presseportal.de/pm/138501/5243401
Reis, G.G., Braga, B.M., & Trullen, J. (2017), „Workplace authenticity as an attribute of employer attractiveness“, Personnel Review, Vol. 46 No. 8, pp. 1962-1976. https://doi.org/10.1108/PR-07-2016-0156